Blumen aus Skandinavien und Berlin
Die „guten Gläser“ waren im Haus meiner Eltern nicht auf den ersten Blick als solche zu erkennen.
In den 80ern galten Murano Gläser mit Goldrand und farbig geschliffene Kristallkelche als vornehm, während bei uns kantiges Blümchenrelief auf den Tisch kam: Eine eher subtile Version von Tischkultur.
30 Jahre später bin ich hingerissen von diesem Kellerfund: Iittala Flora 1966 von Oiva Toikka entworfen und in der Glasfabrik in Nuutajärvi gefertigt, wurden diese Gläser zunächst in Pressglas hergestellt, jedoch aufgrund der komplexen Reliefstruktur dann bald nur noch traditionell kunstvoll Mund geblasen. So entstand bis um die Jahrtausendwende (dann wurde die Produktion eingestellt) ein außergewöhnlich zartes Glas, fast wie Wassereis, denn das Glas ist innen nicht glatt, sondern geht die Reliefstruktur in vereinfachter Form mit.
Die Serie wurde übrigens auch in kräftigen Farben produziert – und ist in dieser Version auf der „Retro“ Seite von Iittala zu bewundern.
Die transparente Variante hingegen ziert nun meine Tafel und sucht – ein Experiment – Gesellschaft:
Zylindrische Glasform, klobig geriffelter Stil, und darauf hauchzartes Blumenrelief:
Welches Gedeck, welches Besteck?
Beim Netzspaziergang entdecke ich das Rosenthal Variation schwarz-weiss von Tapio Wirkkala. Es passt geografisch, zeitlich und überhaupt…allein, es fehlt in meiner Sammlung – und fällt schon daher aus.
Meine zu Hause vorrätigen Reserven erlauben immerhin, die Blumen aufzugreifen. Mit der „Feldblume auf Bord“ (1938) der Königlichen Porzellan Manufaktur Berlin, von Trude Petri, die Ihren gestalterischen Ursprung im Bauhaus hat.
Schon ein Vierteljahrhundert vor „Flora“ – 1938 – inszeniert sie poetisch das Blumenrelief auf zartem, schneeweissen Porzellan: „Eine Blume am Wegesrand, der Schattenwurf einer Ähre, das Surren eines Käfers.“
Zusammen mit einer zur Tischwäsche umfunktionierten Hippie Markiese aus den 70ern und dem WMF Tafelsilber Meistersinger (Dekor 3200) fügen sich die Blumen aus 30ern und 60ern zu einer blumig-feierlichen Sommertafel, perfekt für ein entzückendes Gardendinner for Two …
Im Hintergrund rücken noch mehr Blumen den Sommerabend ins rechte Licht – und schlagen mit den legendären Vasen von Alvar Aalto die zeitliche Brücke zwischen Bauhaus und Midcentury.
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